Co-Produktion
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Co-Produktion – Der Kunde als Wertschöpfungspartner
Wird der Kunde in den Wertschöpfungsprozess eingebunden, bedeutet dies eine tiefgreifende Veränderung des Unternehmens, da es sich wie auch der Kunde seiner neuen Rolle bewusst werden muss. Auch auf wissenschaftlicher Seite ist die Auseinandersetzung mit der neuen Rolle des Kunden von enormer Wichtigkeit, da nur so sein Potential näher ergründet werden kann.
Die Neuartigkeit an der Co-Produktion liegt im Zusammenwirken mehrerer Entwicklungen. Vergleicht man diese neue Art der Wertschöpfung, so erkennt man, dass im Gegensatz zum Outsourcing nicht der Lieferant, sondern der Kunde in die Leistungserstellung eingebunden wird. Dabei sollte dem Produzenten seine neue Rolle als Kommunikationspartner bewusst werden. Er muss sich zudem auf die neue Rolle des Kunden einlassen und ihm gewisse Tools zur Verfügung stellen, mit denen dieser seinen Beitrag zur Problemlösung erbringen kann. Seitens des Kunden verstärkt sich der Einfluss auf das Mitspracherecht im Produktionsprozess erheblich. Er kann seine Vorstellungen vom idealen Produkt nun verwirklichen. Produktpositionierungsmodelle verlieren somit an Bedeutung.
Das Entwicklungspotential der Co-Produktion ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Die zunehmend aufkommenden User Communities zeugen von einem regen Interesse der Prosumer, sich in den Wertschöpfungsprozess mit einzubringen. Damit ein Unternehmen erfolgreich Co-Produktion betreiben kann, sollte es neben der Entwicklung der Produkte auch die Technologie und das Kundenverhalten als auch den Kunden selbst entwickeln. Letzterer kann durch gezielte Qualitätsmaßnahmen in seiner Kompetenz gefördert werden. Sind diese Voraussetzungen geschaffen, kann das Unternehmen den Kunden als Mitgestalter nutzen und ihn in den Wertschöpfungsprozess einbeziehen.
1. Einleitung
Co-Produktion ist in unserem Alltag tief verankert. Täglich werden wir freiwillig oder unfreiwillig zu Co-Produzenten, sei es im Einkauf, in der Erledigung von Bankgeschäften, beim Selbst-Einchecken auf Flughäfen oder gar beim Konfigurieren eines PCs. In der Praxis ist das Anwenderpotential der Co-Produktion nicht erschöpft. Viele aktuelle Trends binden den Kunden auf innovative Weise mit ein. Es zeichnen sich zunehmend interessante Entwicklungen, die in dieser Arbeit beleuchtet werden sollen, ab. Co-Produktion ist deshalb interessant, da hier der Trend zum aktiven Kunden genutzt und dieser in das Unternehmen mit eingebunden wird. Schaut man auf die klassischen Formen der Selbstbedienung, so haben sich daraus interessante Weiterentwicklungen ergeben, die ihren derzeitigen Höhepunkt in Web 2.0 Technologien finden. Die Co-Produktion beschränkt sich nicht mehr nur auf die Mitarbeit bei Massenprodukten wie Bankgeschäften oder dem Lebensmittelhandel, vielmehr entstehen zunehmend Portale, bei denen der Kunde nur dann ein Produkt beziehen kann, wenn er mitarbeitet. Sogenannte Toolkits ermöglichen es, nicht nur neue Branchen, sondern auch neue Abnehmerkreise zu gewinnen. Am Beispiel des iPhones lässt sich dies verdeutlichen. Hier werden User eingeladen, Applications, also Softwareanwendungen für das Mobiltelefon selber zu programmieren. Apple unterstützt die User indirekt durch eine Plattform, das sogenannte iPhone Dev Center. Der Kunde leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur zukünftigen Gestaltung des Produktes.
Will ein Unternehmen in Zukunft im Wettbewerb bestehen, sollte es sich nicht darauf beschränken, lediglich innerbetriebliche Innovationspotentiale anzustrengen. Im traditionellen Weg werden Unternehmenskooperationen auf bloße Lieferanten und Mitbewerber beschränkt. Die neue Art der Einbindung der eigentlichen Nutzer, und damit ist jeder Einzelne gemeint, stellt sich als ein erfolgreiches Konzept für die Zukunft dar. Somit wird das Konzept der traditionellen Kooperationspartner auf vornehmlich B2C-Kunden ausgeweitet. Diese werden nicht mehr als bloße Konsumenten, sondern vielmehr als Träger der Kernkompetenzen gesehen die ein enormes Innovationspotential mit einbringen. Folglich wird die Innovationskraft des Unternehmens gestärkt. Der Kunde agiert als Wertschöpfungspartner.
2. Sinnhaftigkeit des Kunden als Wertschöpfungspartner
Der Begriff der Kundenintegration fällt auf die organisationstheoretische Auseinandersetzung mit dem Integrationsbegriff zurück. Lawrence definiert Integration allgemein als einen Prozess, der darauf ausgerichtet ist, die Zusammenarbeit unterschiedlicher Organisationseinheiten sicher zu stellen. Insoweit muss der Kunde als eine Organisationseinheit verstanden werden, der in Beziehung zu anderen Organisationseinheiten, also einem Unternehmen, steht. Beide Einheiten bilden eine Union hinsichtlich des Wertschöpfungsprozesses. Dabei sollte ein Optimum, welches den Grad der Kundenintegration und der Kundenzufriedenheit maximiert, entstehen, und letztendlich zum unternehmerischen Erfolg führen. Schaut man auf die Dienstleistungsproduktion, so wird deutlich, dass die Kundenintegration im Wertschöpfungsprozess darauf abzielt, dass Nachfrager in betriebliche Leistungserstellungsprozesse eingreifen und sie mitgestalten. Diese Integration kann von der Lieferung leistungsrelevanter Informationen bis zur persönlichen Beteiligung reichen. In jedem Fall werden die externen Faktoren, d.h. das Mitwirken des Kunden, mit in den Produktionsprozess eingebracht. Büttgen definiert die Kundenintegration als die aktive Beteiligung des Nachfragers an einer vertraglich vereinbarten Leistungserstellung durch Einbringung externer Faktoren bzw. Übernahme von Teilleistungen, sodass die Leistungsaktivitäten des Anbieters beeinflusst werden. Für das Management stellt sich in diesem Zusammenhang die Aufgabe, die Art und den Umfang der Kundenbeteiligung an der Dienstleistungsproduktion zu bestimmen und die sich ergebenen Aufgaben daraus zu gestalten. Dabei sollte die Kundenintegration nicht als integrativer Muss-Bestandteil der strategischen Unternehmensführung, sondern eher als Option im Wertschöpfungsprozess gesehen werden. Weiterhin kann Kundenintegration als eine fakultative Option für spezifische unternehmerische Zwecke gesehen werden. Hier sollte im Rahmen einer systematischen Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle der Kunde aktiv eingebunden werden. Dies kann auch mit Hilfe einer SWOT-Analyse, welche eine Konkrete Handlungsempfehlung im Zuge der sich anschließenden Balanced Scorecard ausspricht, geschehen. Es ist generell möglich, Kunden an einer Vielzahl von unternehmerischen Aktivitäten zu beteiligen. Jedoch sollten diese Aktivitäten das Unternehmen auch weiter bringen. Folglich ist die Bedeutung der Prozesse, welche eine kundenorientierte Ausrichtung des Leistungsangebots oder die Intensivierung der Kundenbeziehung forcieren, von Interesse. Des weiteren versteht man unter Kundenintegration die Beteiligung im Rahmen der Neuproduktentwicklung sowie an marketingtechnischen Prozessen, wie dem Relationship Marketing. Das Ziel der Kundenintegration ist in erster Linie, Kosten zu senken sowie die Qualität zu verbessern. Bei der Kostensenkung sollen insbesondere Produktivitätssteigerungen durch die Übertragung von Aufgaben an den Kunden realisiert werden. Dabei werden Produktivitätsgewinne entweder dadurch realisiert, dass der Kunde Aufgaben übernimmt oder die ihm übertragenen Aufgaben effizienter ausführt. Aus Sicht der Kunden sind dann Qualitätssteigerungen zu erwarten, wenn der Kunde im Rahmen der Interaktion seine Bedürfnisse klar artikuliert oder eine Teilleistung, die er im Rahmen der Wertschöpfung erbringen muss, ausführt. Jedoch muss man beachten, dass mit einem Voranschreiten der Kundenintegration auch qualitative Einbußen hingenommen werden müssen, wenn dem Kunden im Rahmen seiner Aktivitäten Fehler unterlaufen, indem er beispielsweise sein Ikea-Regal falsch aufbaut. Schaut man auf Open Innovation-Prozesse, so wird der Kunde hier als ein zentraler Ideengeber gesehen. Er gibt sein Wissen und sein Know-How preis und der Produzent erlangt einen leichteren Zugang zu den sogenannten sticky information, also den eigentlichen Bedürfnissen, die sonst nur schwierig oder unter hohem Kostenaufwand erlangt werden können. Dabei handelt es sich beispielsweise um Kundenwünsche, die die Kunden nicht direkt artikulieren können und die nur durch Beobachtungen, intuitives Verhalten oder im spielerischen Austesten von Neuem ermittelt werden können. Die Erklärung dafür ist, daß die Kunden ihre Bedürfnisse gerade bei neuen Produkten selbst noch nicht kennen, denn was man nicht kennt, vermisst man nicht. Der Kunde kann als Innovationstreiber eingesetzt werden. Im Zuge dessen kann es erfolgversprechend sein, die Kundenbedürfnisse effizienter zu ermitteln und einen langfristigen Konkurrenzvorteil zu erzeugen.
In Bezug auf marketingtechnische Maßnahmen ist das Relationship Marketing als eine Stärkung der Kundenbeziehung zu sehen. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse hinsichtlich der ökonomischen Vorteile langfristiger Kundenbeziehungen ist es notwendig, Maßnahmen durchzuführen, die im Rahmen der Kundenintegration eine Intensivierung der Kundenbeziehungen bedeuten. Letztendlich werden durch die Maßnahmen der Kundenintegration auch Ziele der Kundenakquisition oder Kundenbindung sowie Kundengewinnung verfolgt. Dadurch kann das Risiko eines Kundenverlusts verringert werden. Auch können bereits abgewanderte Kunden zurückgewonnen werden, deren Kündigungsgrund auf die zu geringe Berücksichtigung ihrer individuellen Kundenwünsche zurückzuführen ist.
3. Varianten der Kundenintegration in Bezug auf den Wertschöpfungsprozeß
Es werden insbesondere zwei Varianten angesehen, die sich als konstruktiv erwiesen haben, betrachtet. Hier ist zum einen die Intangibilität zu nennen. Diese beschreibt den Umstand, daß Dienstleistungen – im Vergleich zu Produkten – für den Kunden mangels physischer Existenz nicht greifbar sind. Die Kundenbeteiligung ist der zweite Aspekt und beschreibt, dass die Leistungserstellung in der Regel nicht möglich ist, ohne dass sich der Kunde am Erstellungsprozess beteiligt. Die Integration eines externen Faktors ist zwingend notwendig und ein Garant für ein erfolgreiches Wertschöpfungsmanagement. Im Folgenden werden einige Varianten der Kundenintegration vorgestellt. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich im weiteren Verlauf dieser Arbeit auf die Co-Produktion konzentriert wird.
3.1 Customer Participation
Dabholkar definiert diese Art der Kundenintegration als eine Vorgehensweise, in der der Kunde in die Produktion als auch die Auslieferung des Produktes einbezogen wird. Er definiert die Kundeneinbindung in der Unterscheidung zwischen physischer und mentaler Norm. Dabei kann die Kundenbeteiligung auch in drei unterschiedlichen Sichten dargestellt werden. Hier unterscheidet man zum einen zwischen der anbieterseitigen, beidseitigen und kundenseitigen Produktion.
3.2 Co-Produktion
Die oben dargestellte Sichtweise wird durch die Co-Produktion erweitert indem diese Art der Kundenintegration durch die Produktionsressource oder der Fertigungskapazität des Kunden erweitert wird. Damit ist der Kunde ein Arbeiter und Co-Produzent, ohne dessen Einbringung und Anstrengung die Produktion in der Regel gar nicht möglich ist. Es bedarf folglich einer Kooperation zwischen Anbieter und arbeitendem Kunden, um die Dienstleistungserstellung zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
3.3 Partial Employee
Schaut man sich den Partial Employee an, so steht auch hier die Mitarbeit des Kunden im Fokus der Betrachtung. Der Kunde wird hier als Teilzeitmitarbeiter betrachtet, der im Rahmen seiner Mitarbeit Produktivitätssteigerungen und Qualitätsverbesserungen realisieren kann.
3.4 Prosuming
Unter dem Kunstbegriff Prosuming ist eine Konstellation der Bezeichnungen des Producers und Consumers gemeint. Hier wird eine ähnliche Sichtweise, die die Vermischung von Konsum und Produktion betont, zu Grunde gelegt. Im Rahmen des Prosuming können verschiedene Erscheinungsformen beschrieben werden. Dabei sind Aktivitäten von Selbsthilfegruppen als auch die vollständige Erstellung von Leistungen durch den Kunden in den Produktions- und Entwicklungsprozess gemeint. Eine Prosuming Variante wird durch Piller unter dem Begriff des Mass Customization diskutiert.
3.5 Customer Integration
Im B2B-Bereich wird oft vom Begriff des Customer Integration Gebrauch gemacht. Hierbei wird die Integration des Kunden in zweifacher Hinsicht interpretiert. Zum einen wird die Integration als eine Managementkonzeption, die zur Umsetzung von Kundenintegrationsmaßnahmen verstanden wird, gesehen, zum anderen wird hierunter der Kern der Leistung verstanden. Man vertritt die Auffassung, dass jede Leistung in einem gewissen Ausmaß eine Integration des Kunden verlangt und sich dadurch die Trennung von Sach- und Dienstleistungen erübrigt.
3.6 Formen der Kundenintegration
Die Kundenbeteiligung in Bezug auf die Leistungserstellung kann verschiedene Formen annehmen. Dabei hat das Management unterschiedliche Konsequenzen zu tragen. Aus diesem Grund sollen an dieser Stelle verschiedene Erscheinungsformen vorgestellt werden, die sich wie folgt darstellen.
Die erste Stufe der systematischen Betrachtung betrifft die Funktionen, die ein Kunde im Rahmen des Kundenintegrationsprozesses einnimmt. Da der Kunde ein Leistungsempfänger ist, übernimmt er intuitiv die Rolle eines Nachfragers oder Verwenders. Der Kunde ist Nachfrager und erwartet vom Leistungserbringer die bestmögliche Erfüllung seiner Bedürfnisse. Der Kunde wird also aktiv in die Entwicklung neuer Dienstleistungen eingebunden und übernimmt die Rolle eines Innovators bzw. eines Co-Designers.
Der Leistungsempfänger, also der Kunde kann aber auch als Competitor, der, wenn er die Möglichkeit hat, die Leistung auch ganz alleine erbringen kann, gesehen werden. Dem Kunden können auch die Funktionen eines Co-Marketers, der durch Mund-zu-Mund-Kommunikation die Leistung der anderen Kunden weiter empfiehlt, zugesprochen werden. Weitere Funktionen des Kunden sind die im Rahmen des Beta-Testing vorgenommenen Qualitätsprüfungen oder des Substitute of Leadership, also des Führungsersatzes, bei dem die Mitarbeit der Kunden die internen Mitarbeiter motiviert. Letztendlich wird der Kunde auch als ein Ertrags- und Kostenfaktor gesehen, d.h. daß er einerseits durch seinen Leistungsbeitrag Erlöse erwirtschaftet und andererseits Ressourcen- und Transaktionskosten verursacht.
Kunden können in unterschiedlicher Weise in die Unternehmensabläufe eingebunden werden. Hier sind verschiedene Arten der Kundenbeteiligung, die sich in einer physischen, einer intellektuellen und einer emotionalen Beteiligung unterscheiden, zu nennen.
Eine weitere Differenzierung in Bezug auf die systematische Betrachtung ist im Ausmaß der Kundenintegration zu suchen. Es lässt sich hierbei zwischen der aktiven und passiven Kundenbeteiligung unterscheiden. Corsten stellt dabei den Aktivitätsgrad des Anbieters dem des Nachfragers gegenüber. Hierbei kann darüber bestimmt werden, wie viel der Nachfrager zur Erstellung der Leistung beitragen soll. Auch können Unterscheidungen im Hinblick auf die Eingriffstiefe vorgenommen werden. Hierbei können Eigenschaften in ihrer Intensität, Häufigkeit, Dauer und ihrem Zeitpunkt unterschieden werden. Dabei gibt die Eingriffstiefe an, in welcher Fertigungsstufe die Wertschöpfung des Kunden beginnt, bzw. wo sie aufhört. Die Eingriffshäufigkeit zeigt auf, wie oft Integrationsprozesse stattfinden, während die Eingriffsdauer den Gesamtzeitraum, in der die Wertschöpfung seitens des Kunden vorangetrieben wird, angibt. Zu guter letzt konkretisieren die Eingriffszeitpunkte die zeitliche Verteilung der Kundenintegration.
Schaut man auf die Gestaltungsformen der Kundenintegration, so werden hier die Interaktionspotentiale zwischen Anbieter und Nachfrager beleuchtet. Die intensivste Form der Interaktion ist dabei der persönliche Kontakt beider Parteien. Auch ist zu unterscheiden, wo die Interaktion stattfindet. So geht es hierbei um die direkte persönliche Kommunikation beim Nachfrager, Anbieter oder an einem dritten, neutralen Ort.
Die Kundenintegration kann sich auch auf unterschiedliche Phasen der Dienstleistung beziehen. Handelt es sich bei einem Kundenbeitrag um eine Leistungsspezifikation, beschränkt sich die Kundenintegration auf die Potenzialphase, wohingegen bei einem Friseurbesuch sämtliche Phasen der Leistungserstellung integriert werden.
Kundenintegration sollte stets unter dem Gesichtspunkt der Standardisierbarkeit gesehen werden. Es lassen sich auch hier unterschiedliche Grade der Standardisierung unterscheiden. Integrationsprozesse können vollkommen standardisiert, teilstandardisiert, bedingt standardisiert oder völlig individualisiert auftreten.
3.7 Verhaltensweisen für das Management
Schaut man auf das Management, welches letztendlich den Leistungsprozess organisieren muss, so steht fest, dass sich eine Reihe von Aufgaben, die hinsichtlich der gewünschten Ausgestaltung der Kundenintegration zu erledigen sind, ergeben.
Die Kundenbeteiligung am Entwicklungsprozess muss entsprechend gestaltet werden, damit eine WinWin-Situation für sämtliche Beteiligte besteht. Die zu treffenden Entscheidungen sind vielfach strategischer Natur, da sie auf längere Sicht in Bezug auf die Produktneuentwicklung zu sehen sind. Die Funktionen und das Ausmaß, das ein Kunde innerhalb eines Innovationsprozesses einnehmen soll wird durch die unternehmerischen Prozesse festgelegt. Die wesentlichen strategischen Aktivitäten bestehen in der Übertragung von Leistungen auf den Kunden oder der Übernahme von Kundenleistungen durch die Anbieter. Dabei sind die Kosten ein entscheidender Faktor. Die Anforderungen an den Kunden werden auch über die Art der Kundenbeteiligung, der Gestaltungsform der Kundenintegration sowie der Standardisiertheit bestimmt. Dabei werden Festlegungen über den Umfang und die Art der physischen, intellektuellen oder emotionalen Beteiligung vorgenommen. Es wird im Zuge der Gestaltungsform nicht nur auf den medialen Einsatz sondern auch auf die Festlegung der sozialen und räumlichen Dimensionen Rücksicht genommen. Die Fixierung des Interaktionsgrades ist dabei ein Garant für den Grad der Leistungserbringung. Hier muss auf die Präferenzen der Mitglieder geachtet werden, jedoch ist zu betonen, dass eine überdurchschnittliche Interaktion auch zu einem Leistungsabfall kommen kann. Deshalb kann im Rahmen der Interaktionsvermeidungsstrategie auch eine automatisierte Strategie eingesetzt werden.
3.8 Folgen für das Management
Schaut man auf das Kapazitätsmanagement, das Qualitätsmanagement, das Personalmanagement, das Zeitmanagement, das Kundenprozessmanagement sowie die Kundenentwicklung, so ergeben sich besondere Fragen, die im Rahmen dieses Abschnitts zu klären sind.
3.9 Kapazitätsmanagement
Die direkte Folge aus der Kundenintegration ist, dass der Kunde anwesend sein muss, um die Leistung zu erstellen. Die von Seiten des Kunden zu erbringenden Arbeiten sind also nicht lagerfähig. Folglich ergeben sich Leerkosten bei Überdimensionierung und entgangene Gewinne bei Unterdimensionierung der Kapazität. Das Kapazitätsmanagement zielt darauf ab, die Probleme durch eine quantitative Abstimmung von Angebot und Nachfrage zu reduzieren. Die Ansatzpunkte hierfür bieten die internen Ressourcen als auch die Kunden selber.
3.10 Qualitätsmanagement
Das Qualitätsmanagement hat eine wichtige Aufgabe in Bezug auf die Kundenintegration. Dabei ist nicht nur die Qualität des Leistungsergebnisses, sondern auch die Qualität des Prozesses und der eingesetzten Potentiale relevant. Somit hat das Qualitätsmanagement nach Bruhn die Bereiche der Ergebnis-, Prozess- und der Potentialqualität inne. Gleichzeitig nimmt der Kunde Einfluss auf die Prozess- und Ergebnisqualität, sodass der Umfang der Qualität nicht konstant gehalten werden kann. Die Qualität muss deshalb in einem Korridor definiert werden, da die in der Interaktion erstellten Leistungen qualitativ variieren. In Folge dessen sind auch nur bestimmte standardisierte Formen der objektiven Qualitätskontrolle begrenzt einsetzbar. Folglich bilden die im Rahmen der multiplen Wirklichkeiten definierten subjektiven Qualitätsansprüche der Kunden eine entscheidende Rolle. Sie sind entsprechend im Bereich der Qualitätsmessung und in der Messung der wahrgenommenen Qualität einzusetzen. Dazu gehören auch Befragungen, Beobachtungen und Dokumentenauswertungen.
3.11 Personalmanagement
Das Mitarbeiterverhalten beeinflusst in dieser Weise direkt die Qualitätswahrnehmung, da eine persönliche Interaktion zwischen den Mitarbeitern und Kunden erfolgt. Das Management muss sicherstellen, dass die Mitarbeiter nicht nur die erforderliche fachliche Qualifikation, sondern auch über eine Dienstleistungsorientierte Einstellung und Fähigkeit zur erfolgreichen Bewältigung von Kundenkontaktsituationen verfügen. In diesem Zusammenhang steten dem Management einige Instrumente zur Verfügung, die im Rahmen des Dienstleistungsmanagements als Internes Marketing zusammengefasst werden können. Hier sind personalpolitische Instrumente wie die Personalauswahl und Entlohnung leistungsorientiert einzusetzen. Es ist wichtig, dass Methoden der internen Kommunikation zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten gewählt werden. Hier können die im Rahmen der Arbeit Kompetenzentwicklung im Netz besprochenen Instrumente zum Einsatz kommen. Allgemein zählen dazu Mitarbeiterzeitschriften und Web 2.0 Technologien wie Wikis oder Unternehmens-/ Gruppenblogs. Jedoch können auch persönliche Kommunikationswege wie Gespräche oder Verhaltenstrainings gewählt werden.
3.12 Umfeldmanagement
Wenn eine Leistung direkt im Unternehmen erstellt wird, kommt der Kunde in Kontakt mit vielen Elementen. Dieses Umfeld bestimmt nachhaltig den Qualitätseindruck des Kunden zum Unternehmen. Deshalb ist es wichtig, dass das Design sowie das gesamte Umfeld gestaltet wird. Ein weiterer Aspekt liegt darin, dass der Kunde das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst was sich damit direkt auf die Qualität des Produktes auswirkt. Die Aufgabe des Umfeldmanagements besteht somit darin, dass das physische Umfeld so zu gestalten ist, dass die angestrebte Qualität kommuniziert und durch die Kunden und Mitarbeiter erreicht wird. Als Umgebungsbedingungen kommen Design, Temperatur und psychisches Wohlempfinden in Betracht.
3.13 Zeitmanagement
Die Kundenbeteiligung bedeutet Zeitaufwand, welchen es zu managen gilt. Zeitausgaben und Zeitstrukturen gilt es, zu ermitteln und zu optimieren. Dabei ist es auch wichtig, Flow zu erzeugen und dadurch die Zeitwahrnehmung zu beeinflussen. Bei der Ermittlung der Zeitausgaben sind nicht nur die Zeiten der Leistungserstellung, sondern auch die Zeiten des Transfers zu beachten. Die Übergangszeiten der einzelnen räumlichen Distanzen, Abwicklungszeiten und die Erledigung vor- und nachgelagerter Aktivitäten kann durch Instrumente wie der Optimized Produktion Technology realisiert werden. So liegt ein wesentlicher Ansatzpunkt des Zeitmanagements darin, die nicht der Transaktion dienenden Zeiten zu minimieren.
3.14 Kundenprozessmanagement
Unternehmensprozesse können im Kontaktbereich nicht frei gestaltet werden. Der Kunde sollte selbst einen Prozess, bei dem er im Rahmen von Einzelschritten mit verschiedenen Kontaktpunkten einen Eindruck von der derzeitigen Qualität bekommt, durchlaufen. Es ist wichtig für das Unternehmen, den Eindruck des Kunden zu erfassen und sich im Rahmen einer Balanced Scorecard aus der Kundenperspektive eine Vorstellung von den Bedürfnissen der Klienten zu machen. Auch kann er sich anderer Planungsinstrumente, wie dem Blueprinting oder dem Service Mapping bedienen. Der Kundenprozess wird hierbei in Teilphasen zerlegt und in einem Ablaufdiagramm dargestellt. Damit identifiziert der Unternehmer die Kontaktpunkte aus Kundensicht im Interaktionsprozess. Folglich entsteht eine planerische Grundlage für eine zielgerechte Koordination der Prozesse zwischen Kundenkontakt- und Unterstützungsbereich.
3.15 Kundenentwicklung
Es ist absolute Voraussetzung der Kundeneinbindung, dass der Kunde zur Leistungserstellung willig und fähig ist. Im Rahmen dessen hat er Informationen bereit zu stellen und Geräte zu bedienen sowie Rollenerwartungen zu erfüllen. Es bedarf aus diesem Grund einer aktiven Kundenentwicklung, sprich einer Qualifikation des Kunden. Auch das Kundenverhalten muss den jeweiligen Situationen angepasst werden. Dies ist auch insbesondere dann wichtig, wenn Kunden mit anderen Kunden, die durch ihr Verhalten den Qualitätseindruck entscheidend positiv und negativ beeinflussen können, in Kontakt kommen.
3.16 Die Integration des Kunden als Kundenorientierung
Es geht bei der Kundenintegration darum, ein neues Produkt in bester Weise auf die Bedürfnisse des Kunden auszurichten. Des weiteren wird Kundenintegration als ein wesentlicher Ansatz zur Stärkung von Kundenbeziehungen im Rahmen eines Relationship Marketings gesehen.
Unter Kundenintegration in Innovationsprozesse wird eine Ausrichtung der Innovationsaktivitäten eines Unternehmens auf die Bedürfnisse seiner potentiellen Kunden verstanden. Dabei stellen Leistungsergebnis, Leistungspotential und Leistungsprozess mögliche Inhalte einer Innovation bei Dienstleistungen dar. Der Kunde ist im Rahmen der Leistungserstellung aktiv in den Prozess eingebunden. Folglich wird die Umsetzung der Kundenbedürfnisse schneller vollzogen. Somit ist die Grundlage für die Entwicklung innovativer Dienstleistungskonzepte gegeben.
Den Anfang der Kundenintegration stellt die Betrachtung des Kunden als Unternehmensressource bzw. Wertschöpfungspartner dar. In erster Linie geht es darum, den Kunden oder das Kundenwissen zu nutzen, um Innovationen zu gestalten. In diesem Zusammenhang gilt die Konzentration dem impliziten Kundenwissen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Kundenbedürfnisse, die dem Kunden direkt nicht bewusst sind und die nur durch Beobachtungen und indirekte Befragungen und Interviews zu ermitteln sind. Oftmals kann es zu hohen Aufwendungen kommen, wenn diese Art der Information nicht direkt ermittelbar ist. Die klassische Marktforschung beansprucht hierbei große Mengen an Kosten, die zu einem Umdenken weg von der reinen Abfrage des Kundenwissens hin zu einer Übertragung von Innovationsaktivitäten auf den Kunden geführt haben. Das Ressort der Kundenintegration reicht von der Bereitstellung von Informationen für innovative Verbesserungen bis hin zur Neukonstruktion von Produkten und Anlagen. Dem Unternehmen stehen viele Methoden zur Verfügung, um das für den Innovationsprozess benötigte Kundenwissen zu akquirieren. Die Rolle des Kunden im Innovationsprozess reicht von einer passiven Teilnahme bis hin zum selbstständigen Innovator. Durch den Grad der Integration und damit der Aktivität des Kunden wird die inhaltliche Initiative zum Ausdruck gebracht. Soll der Kunde eigene Ideen mit einbringen oder lediglich auf vorformulierte Fragen antworten?
3.17 Doch was hat der Kunde davon ?
Co-Produktion ist zunehmend Teil unseres Alltags geworden. Bankgeschäfte, Konfigurationen eines PCs oder Einchecken an Flughäfen werden weitestgehend selbständig von uns vorgenommen. Selbst Möbel werden beim Kauf von einem schwedischen Ausstatter weitgehend selbst aufgebaut. Seit den 50er Jahren kamen zunehmend Selbstbedienungsläden, die sich im Bereich der Lebensmittel sehr schnell etablierten, auf den Markt. Heute finden sich diese Bereiche auch bei Finanztransaktionen oder sonstigen Geldgeschäften wieder. Ob die Argumentation des Prosuming, also der Mitarbeit der Konsumenten, stets unter dem Mantel der individuellen Zusammenstellung der Produkte erfolgen kann, ist fraglich. Oftmals werden die Kunden mit sogenannten Toolkits ausgestattet. Darunter versteht man eine Plattform, die es den Kunden ermöglicht, mit Hilfe von Unternehmen zur Verfügung gestellte Werkzeuge Co-Produkte herzustellen. Dabei werden nicht nur bestehende und neue Branchen, sondern auch neue Berufe und Dienstleistungen hervor gebracht.
So ist für viele Unternehmen klar, dass sie sich im Rahmen der Wettbewerbsstrategie nicht nur auf innerbetriebliche Innovationspotentiale beschränken können. Vielmehr basieren die Erfolge von Innovationen zunehmend auf den Ideen der externen, unbezahlten Mitarbeiter, also der Prosumer. Diese werden nicht länger als einfache Abnehmer und Konsumenten, sondern auch als Ideengeber und Träger von Kompetenzen angesehen. Der Kunde agiert also hier als unentgeltliche Arbeitskraft. Das Unternehmen kann dieses Potential jedoch nicht ohne jegliche Investitionen abschöpfen. Hier muss es in die Hard- und Software und in Werbemaßnahmen investieren und spezifische, organisatorische Anstrengungen unternehmen. Dies alles basiert dann auf der Autonomie der Prosumer und ihrer Freiwilligkeit zur Kooperation. Diese Arbeit stellt sich dieser neuen Form der Kundenmitarbeit neutral gegenüber und gibt keine Wertung ab. Die Arbeit mit dem Titel Prosuming – Ausnutzung der partial employees durch systemische Rationalisierung hinterfragt den Nutzen des Kunden als unbezahlte Arbeitskraft.
4 Charakteristik der Co-Produktion
Um die Thematik des Themas genauer zu durchleuchten, soll an einem Beispiel verdeutlicht werden, worum es eigentlich geht. Wer schon einmal bei Fleurop Blumen bestellt hat, weiß, welche Vorteile es haben kann, blumige Grüße ohne größere Umstände zu übermitteln. Bei Fleurop handelt es sich um ein Netzwerk von Fachgeschäften für Blumen und Pflanzen, welche unter einer Dachmarke firmieren. Bestehende Gärtnereien können sich diesem Netzwerk anschließen und nach den Vorgaben des Unternehmens Blumengrüße in alle Welt versenden. Dabei wird derjenige Betrieb ausgewählt, der dem Empfänger am nächsten lokal zugeordnet ist. Die Richtlinien des Unternehmens basieren auf bestimmten Qualitätsprinzipien. Die Vorteile der Co-Produktion sind dabei unumstritten. Der Kunde erspart sich den Weg zur Gärtnerei und muss den Strauss auch nicht persönlich überbringen. Er ist an keine Geschäftszeiten gebunden und kann über eine Internet Plattform auswählen und sich beraten lassen. Dabei ist der vom Prosumer zu leistende Manipulationsaufwand eher gering. Die angeschlossenen Gärtnereien profitieren von dem überdurchschnittlichen Wachstum, welches nicht zu lasten der traditionellen Absatzwege geht. Dadurch kann die Marktposition des Unternehmens als auch die der angeschlossenen Betriebe nachhaltig verbessert werden. Fleurop tritt somit lediglich als Koordinator, der keine Risiken durch verdorbene Waren, wie nicht abgesetzte Blumen, hat, auf. Der Gesamtnutzen für Kunden, angeschlossene Betriebe und Fleurop ist enorm.
Das Beispiel von Fleurop ist sehr einfach gehalten. Durchaus gibt es kompliziertere Beispiele der Co-Produktion. Jedoch wäre dies für den Einstig in die Thematik nicht zielführend. Das Beispiel zeigt, dass die Mitarbeit des Kunden die Wertschöpfung gleich zweier Unternehmen steigern kann. Es handelt sich also um ein Outsourcing hin zum Kunden. Im B2B Bereich haben diese Prozesse bereits zu einer massiven Aufgabenverlagerung zum Lieferanten geführt. Die neuen Bestrebungen der Unternehmen gehen nun soweit, dass sie unter dem Namen der Lead User, Customer Integration, Customer Involvement oder der Outsourcing Innovation auch den Kunden in den Wertschöpfungsprozess mit einbeziehen. Der Kunde wird als externer Faktor, der sich im engeren Sinne mit der Integration in den Wertschöpfungsprozess befasst, bezeichnet. Externe Faktoren sind solche, bei denen der Kunde sein Know-How, seine Zeit als auch seine Arbeitskraft zeitlich begrenzt dem Unternehmen zur Verfügung stellt. Diese Integration findet jedoch nur ausserhalb des Unternehmens statt. Die Dienstleistungen werden vom Kunden im Rahmen des Konsums in der Form zur Verfügung gestellt, dass der Kunde zuvor rationalisierte Arbeiten individualisiert oder vervollständigt. Kunden, welche externe Faktoren bedienen, müssen zur Mitarbeit angeregt werden. Dies kann in Form von sonstigen Vorzügen, wie Preisnachlässen oder Log-Ins, erwirkt werden, denn die externen Faktoren können nicht am Markt selbst eingekauft werden. Sollte dies der Fall sein, würde es sich direkt um einen internen Faktor, der nichts mehr mit dem Leistungserstellungsprozess des Kunden zu tun hat, handeln.
Das Konzept des Prosumings ist in seiner Art recht einfach. Die externe, vom Kunden erbrachte Dienstleistung ist das Ergebnis eines Kombinationsprozesses interner und externer Faktoren. In einem internen Prozess werden zunächst die Komponenten durch den Produzenten vorkombiniert und in einem zweiten Schritt durch die externen Mitarbeiter individualisiert bzw. in ihrer Art komplettiert. Im eigentlichen Leistungsprozess werden also interne und externe Faktoren kombiniert.
Corsten nimmt eine eindeutige Trennung von aktiver und passiver Leistung vor. Hierbei führt er den Aktivitätsgrad als Garant für unterschiedliche Aktivitätsgrade ein. Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang der Externalisierung so wie den der Internalisierung eines Prosuming-Konzeptes. Zudem kann danach differenziert werden, ob die Integration des Kunden vor, während oder nach der innerbetrieblichen Leistungserstellung vorgenommen werden muss. Weiterhin ist wichtig, ob es sich um eine präsenzbedingte oder informationsbedingte Integration handelt und ob sich die Aktivitätsgrade von Produzenten und Kunden im Zuge der Leistungserstellung verschieben.
Schaut man auf die Ressourcen, die benötigt werden, um den Ressourceneinsatz zu koordinieren, so wird deutlich, dass die Ressourcen beim Aufbau und bei der Infrastruktur notwendig sind, um eine Co-Produktion zu realisieren. Schaut man sich die Ressourcen seitens des Produzenten an, so wird deutlich, dass die Infrastruktur der Produktion, also Tools oder Plattformen, zur Verfügung gestellt werden müssen. Unterscheidet man hier noch zwischen der Präsenz des Kunden, ergibt sich eine in Abbildung 2 dargestellte Unterscheidung. Für die Co-Produzenten müssen Ressourcen aufgebaut und angepasst werden. Hier können spezialisierte Einrichtungen genutzt werden. Auch findet eine Unterscheidung im Multi- oder Singlechannel statt. Dabei kommt hinzu, dass Entscheidungen auch von den Spezifika der Sachmittelausstattung, sowie von der Intensität des Cross-Sellings abhängen. Sind sich die Produzenten hinsichtlich dieser Merkmale ähnlich, kommt es um so schneller zu einer guten Lösung. Oftmals bedarf es auch der Umstruktiurierung der Toolkits, welche an den Bedarf der User angepasst sein sollten. Dies impliziert auch die Anpassung des Designs sowie der Qualifikationen. Damit die Kooperation zwischen Produzent und Prosumer erfolgreich vollzogen werden kann, bedarf es eines Portals, welches die Plattform für den wechselseitigen Ressourcenzugriff bietet. Diese Art des Ressourcenaustauschs fungiert als Schnittstelle der Kommunikation sämtlicher Beteiligten und ermöglicht die Transaktionen zwischen den Parteien. Auf der Seite der Prosumer ergibt sich ebenfalls ein Ressourcenbedarf. Er betrifft die materielle Ausstattung in Form von Breitband-Internet Zugängen, Hardware und vor allem Know How. Die Qualifikation eines Kunden, also das Erlernen bestimmter Bedienungsprozeduren ist ein essenzieller Bestandteil des Wertschöpfungsprozesses. Versetzt man sich in die Lage des Prosumers, so ist für ihn die Co-Produktion umso geeigneter, je weniger zusätzliche Hilfsmittel und Ressourcen zur Leistungserstellung benötigt werden. Ein Prosuming, welches auf Web 2.0 Technologien basiert, lässt sich weitaus leichter durchsetzen als ein Prosuming, bei dem die persönliche Präsenz des Kunden Voraussetzung für den Leistungserstellungsprozess ist. Die Barrieren zur Mitarbeit sinken, wenn der Produzent sich an den Investitionskosten der Prosumer beteiligt und sie in ihrer Ausführung unterstützt. Schaut man im Falle des iPhone Apps auf den Zugang zur Mitarbeit, so verwundert es auf den ersten Blick, dass die Kunden hier sogar für die Leistungserbringung (Zugang zum Developper Portal) bezahlen müssen. Hier kommt die Berechtigung der Co-Produzenten zum Einsatz. Diese Berechtigung hängt davon ab, in wie weit die Plattform spezialisiert ist. Im Falle von Apple sind normale User des iPhones, die über keinerlei Programmierkenntnisse verfügen gar nicht im Developper Portal erwünscht. Es kann somit als eine Art Ausgrenzung der Nichtprogrammierer verstanden werden, indem ernsthafte Klienten qualitativen Service geboten bekommen. Es werden nicht nur Ressourcen für den Aufbau eines Portals, sondern auch für die laufenden Kosten benötigt. Diese Kosten fallen auf der einen Seite beim Produzenten und auf der anderen Seite beim Prosumer an. Die Höhe dieser Kosten muss durch andere Leistungen subsumiert werden und im Endeffekt für beide Seiten einen Vorteil versprechen, auch wenn dieser nicht finanzieller Art ist.
Merkmale einer Kooperation zeichnen sich dadurch aus, dass Anbieter und Prosumer trotz teilweise verschiedener Ziele zusammen arbeiten müssen, um eine Leistung zu erstellen. Die Co-Produktion nahm ihren Ursprung im B2B Bereich, wo sie heute gar nicht mehr wegzudenken ist. Im B2C-Geschäft ist diese Art der Kooperation trotz der nun fast 50 Jährigen Realisierung wissenschaftlich als auch praxisbezogen Neuland.
Damit Dienstleistungen erbracht werden können, ist die Bereitstellung des externen Faktors durch den Kunden zwingend notwendig. Im Vergleich zur Co-Produktion ist die Mitarbeit freiwillig. Der Konsument kann also auch ohne sein Mitwirken das Produkt vollständig erwerben. Diese Freiwilligkeit gilt jedoch auch für den Produzenten. Dieser kann einen Normal- als auch Co-Produktions-Modus anbieten. Jedoch geht in aller Regel die Initiative der Co-Produktion vom Produzenten, der durch innerbetriebliche Rationalisierungsmaßnahmen einen günstigeren Service anbieten kann, aus. Entscheidet sich der Produzent zur Co-Produktion, kann er zwischen verschiedenen Varianten auswählen. So kann er Co-Produktion sämtlichen Kunden, oder wie am Beispiel von Apple, nur einer gewissen Kundengruppe zur Verfügung stellen. Eine einmal getroffene Entscheidung bindet den Produzenten nicht unbedingt, jedoch sind diesbezüglich strategische Überlegungen im Hinblick auf die damit verbundenen Investitionen erforderlich. Der Kunde hat die Wahl zwischen der Inanspruchnahme oder dem Verzicht der Mitarbeit. Hier hängt es von seiner Entscheidung ab, ob sich die Investitionen des Produzenten gelohnt haben oder nicht. Denn auch dieser hat folglich die Wahlmöglichkeit zur Mitarbeit oder zum Verzicht. Diese Entscheidung hängt aber auch zu einem gewissen Teil von der Marktmacht ab. Verständigen sich die Produzenten mit den Kunden auf einen einheitlichen Angebotsmodus, haben die Kunden keine Wahlmöglichkeit wie dies in vielen Bereichen, wie beispielsweise einem schwedischen Möbelhersteller der Fall ist. Ist die Mehrheit der Kunden mit der Art der Geschäftsführung einverstanden, hat der Einzelne keine Chance mehr, die Rückkehr von der Selbstbedienung zur Kundenbedienung zu erzwingen.
Der Nutzen der Kunden zur Mitarbeit ist umstritten. So stellt sich die Frage, ob der Kunde freiwillig als Co-Produzent agiert oder nicht. In vielen Bereichen des alltäglichen Lebens ist dies offensichtlich nicht mehr der Fall. Sieht man sich die Bereiche des Online-Banking oder der Installation von Möbeln an, so erkennt man, dass dieser Prozess schleichend voranschreitet. Somit lautet die eigentliche Frage, wer von der Verschiebung der Grenzen, weg vom Produzenten, hin zum Konsumenten profitiert. Man kann sich hierbei zweier Varianten, die von der Nutzenausprägung nach Art und Ausmaß und von Seiten des Nutzers abhängig sind, bedienen. So kann der erwartete Nutzen eine Treiber- oder Bremserfunktion, die die Akzeptanz und Verbreitung der Co-Produktion beeinflusst, haben. Dabei ist die Maßgeblichkeit und Verbreitung der Co-Produktion verantwortlich für den Erfolg. Für den Produzenten führt die Co-Produktion, also der Nutzen durch den Kunden, zu erheblichen Kostensenkungen, die eventuell auch dem Kunden in Form von Preisnachlässen zu Gute kommen können. Kostensenkungen resultieren in erster Linie aus dem Abbau von Personalkosten bedingt durch die Übernahme von Arbeiten seitens der Kunden. Hier sei an die Substitution von Verkaufspersonal durch die Selbstbedienung erinnert, die auch Deutschland in der Nachkriegszeit mit erlebt hat. Dieser Trend setzte sich mit dem Aufkommen der Automaten im Handel und vor allem im Bankgeschäft weiter fort. Auch sind Produktivitätssteigerungen, die Marktzuwächse, Qualitätssteigerungen und Zeitersparnisse implizieren, denkbar. Auf beiden Seiten, also auf Produzenten- als auch Konsumentenseite sind Imagegewinne und Flow-Erlebnisse möglich. Dies wird dann ersichtlich, wenn der Kunde designtechnisch eigene Produkte entwerfen kann, sei dies sein eigenes Fahrrad, die Kaffetasse oder ein T-Shirt. Heskett spricht in diesem Zusammenhang nicht von der Rationalisierung von Personal und Übertragung der Leistungen auf die Kunden, sondern von Umschichtungen der Arbeit weg vom Personal- hin zu den Kunden. Gelingt es, neue Kunden über den Vertriebsweg zu etablieren und vorhandenes Kundenpotential besser auszuschöpfen, entstehen Wachstumszuwächse. Dabei müssen die Kosteneinsparungen größer als die zu investierenden Gelder sein. Co-Produktion ist nur dann sinnvoll, wenn die Einsparungen die Mehrkosten substituieren oder gar übertrumpfen. Der Prosumer profitiert seitens der Kosten lediglich dann, wenn sich die Kosteneinsparungen beim Produzenten durch niedrigere Einstandspreise bemerkbar machen. Schaut man auf den B2B Bereich, ist die Mitarbeit des Prosumers meist schon mit einkalkuliert und Bestandteil des Vertrags.
Betrachtet man noch einmal die bereits angerissenen Toolkits, so ist festzuhalten, dass diese ein Garant für die Qualitätssteigerung auf Produzenten- als auch Prosumer Seite sind. So fertigt das Unternehmen ein nach den Vorstellungen des Prosumers zu erstellendes Produkt und vermindert somit das Risiko von Nachbesserungen. Der Prosumer erhält durch seine Mitarbeit ein Produkt, was seinen Bedürfnissen entspricht und welches seinen Qualitätsansprüchen genügt. Dabei kann es zu Qualitätssteigerungen kommen, die in der geänderten Arbeitsteilung der Partner zu suchen ist. Die Arbeitsteilung wird entsprechend der Kernkompetenzen verteilt und ist im B2B Bereich keine Seltenheit. Im B2C Bereich stellt sie, abgesehen von einigen Beispielen eher eine Ausnahme dar. Jedoch zielt die frühzeitige Einbindung von Launching Customers in den Entwicklungsprozess neuer Produkte in die gleiche Richtung. Auch hier geht es darum, die Bedürfnisse der Kunden rechtzeitig zu erkennen, um noch in der Entwicklungsphase die Eigenschaften bedarfsgerecht verändern zu können. Folglich werden Ressourcen durch komplizierte Produktpositionierungsmodelle eingespart und die Absatzchancen gesteigert. Die Kundeneinbindung gestaltet sich in der Form, dass dem Kunden ein unfertiges Produkt zwecks Erprobung zur Verfügung gestellt wird und er es unter realen Einsatzbedingungen testen soll. Dabei erstellt der Kunde Fehlerdiagnosen und bringt Verbesserungsvorschläge mit ein. Von dieser ausgelagerten Qualitätsprüfung profitieren Kunde und Produzent. Jedoch sind neben den angesprochenen Kosten- und Qualitätssteigerungen auch Zeitersparnisse ein entscheidendes Merkmal des Prosumings. Der Prosumer hat ein vorrangiges Interesse an der Zeitersparnis, indem er seine eigene Kompetenz mit einbringt. Neben dieser Zeitersparnis hat der Kunde auch das Interesse einer gesteigerten Flexibilität. So bietet das Prosuming ihm die Möglichkeit, die Leistung zu einem ihm günstigen Zeitpunkt zu erbringen. Dabei muss er, wie am Beispiel von Fleurop zu sehen ist, keine Rücksicht auf Öffnungszeiten oder Wartezeiten nehmen. Seitens der Produzenten sind die Zeitersparnisse dann relevant, wenn die Ressourcen knapp sind und wenn der Preis die zeitliche Inanspruchnahme der Ressourcen nicht entsprechend berücksichtigt. Seitens einer Behörde kann dies enorme Zeiteinsparungen mit sich bringen, wenn Akten nicht zwecks Bearbeitung von einem Büro in das nächste transportiert werden müssen, sondern der Transport auf dem elektronischen Wege funktioniert.
Schaut man auf die Kompetenzentwicklung der Prosumer, so ist anzumerken, dass diese ihre Fähigkeiten und ihr Know-How während eines Prosuming-Prozesses sehr stärken können. Durch die Mitarbeit am Produkt erhöht der Kunde sein Wissen, welches er auch gleichzeitig an den Produzenten weitergibt. Dies kann auch analog zum Outsourcing beim Lieferanten gesehen werden. Auch ist auf die äußere Kompetenzentwicklung der Prosumer zu achten. Durch die Mitarbeit am Projekt stellen Imagegewinne und Flow-Erlebnisse ein relevantes Nutzenkriterium, insbesondere auf Seiten der Prosumer, dar. So sind Kunden oft auch ohne materielle Anreize bereit, in Form eines Co-Produzenten mitzuarbeiten. Das gilt insbesondere für technische Neuerungen. Die User bilden damit einen Fokus auf ihre Beherrschung von Technik als auch ihrer Fortschrittlichkeit dar. Dies stellt eine Chance für den Produzenten dar, der zwecks Etablierung von Kundenclubs gute Login-Effekte und damit Wiederkäufer erzielen kann.
Es gibt verschiedene Varianten und Abgrenzungen, die im Zuge der Co-Produktion entstehen können. Dabei variieren die Ausprägungen der Ressourcen in ihrer jeweiligen Kombination. Grün stellt die Merkmale der Co-Produktion in einem anschaulichen Netzdiagramm, welches an dieser Stelle in Abbildung 3 übernommen wurde, dar. Das Netzdiagramm offenbart je nach Aufgabenverteilung unterschiedliche Ausprägungen, auf die im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht näher eingegangen werden soll. Zudem sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass es sich in Grün’s Darstellungen lediglich um subjektive Definitionen, die in Bezug auf Relationales Management und multipler Wirklichkeiten keinen großen Aussagewert haben, handelt.
Schaut man auf die Abgrenzungen sollte man in den Bereichen der Eigen- und Fremdleistungen anfangen. So ist bei der Co-Produktion im Vergleich zur Eigen- / Fremdleistung zwingend die Mitwirkung des Produzenten als auch des Prosumers notwendig. Die Eigenleistung schließt dies generell aus. Bei der Abgrenzung der Fremdleistungen ist es analog zu sehen. Vergleicht man die Co-Produktion mit dem Outsourcing von Leistungen, so stellt man fest, dass eine Verlagerung von Aktivitäten vom Produzenten hin zum Lieferanten stattfindet. Der Lieferant hat dabei die alleinige Verfügungsgewalt über die Ressourcen und Prozesse. Toffler unterscheidet in diesem Zusammenhang das Produktionssystem danach, ob die Leistung vom Produzenten alleine oder vom Produzenten und dem Prosumer erbracht wurde. Der Enabler bündelt dabei die Kompetenz des Produzenten und räumt dem Producer hohe Freiheitsgrade ein.
5 Historische Entwicklung der Co-Produktion
Menschheitsgeschichtlich ist die wirtschaftliche Entwicklung in drei Phasen zu unterteilen. Die erste Phase dauerte bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Bis zu diesem Zeitpunkt dominierte die Landwirtschaft. Die zweite Welle wurde gekennzeichnet durch die Industrialisierung und erstreckte sich in der westlichen Welt bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Dabei war der Einsatz von Maschinen und die sich zunehmend verstärkende Arbeitsteilung ein Garant für die aufkommende Massenproduktion. Dies implizierte große Erträge und stetige Produktivitätssteigerungen, da vornehmlich für den Fremdbedarf produziert wurde. Die dritte Welle begann mit dem Aufkommen der Dienstleistungen, die Gershuny auch als postindustrielle Gesellschaft bezeichnet. Diese Gesellschaft findet ihren derzeitigen Höhepunkt im Prosuming, also dem Mitwirken des Kunden am Produktionsprozess. Die eigentliche Mitwirkung fand ihren Anfang in der Selbstbedienung im Einzelhandel. Beim Verkauf konnte die Arbeitsproduktivität zunächst nicht gesteigert werden, weil die Interaktion zwischen dem Kunden und dem Verkäufer wichtig war. In der Produktion sah dies anders aus. Henry Ford war der Verfechter der Fließbandproduktion und legte damit den Grundstein für das heutige Ford-Imperium. Die Arbeitsproduktivität steigerte sich schließlich im Einzelhandel im Zuge der Selbstbedienung. So wurden am Eingang der Märkte Drehkreuze installiert, die mit dem Kassenausgang eine einfache, jedoch durchdachte Lösung fanden. Der Kunde konnte nun die Waren anfassen und sie selber in den Einkaufskorb legen, sie also selbst komissionieren. Dies setzte jedoch voraus, dass bestimmte Bedingungen geschaffen werden mussten. So wurden die meisten Produkte in der Lebensmittelbranche zu standardisierten Produkten, die sich oft, dank intensiver Werbung zu Markenartikeln entwickelt hatten. Vor Einführung der Selbstbedienung wurden diese Produkte offen und ohne Verpackung angeboten. Die Selbstbedienung zwang die Produzenten zum Verpacken und zur Standardisierung. Des weiteren sollte die Verpackung die Kunden ansprechen und sie über die Produkte informieren, da die Produktberatung durch den traditionellen Verkäufer nun entfiel. Die Selbstbedienung stellt auch Ansprüche an die Kunden. Sie müssen lesen können. Diese Eigenschaft war bis vor einiger Zeit auch in Mitteleuropa noch nicht weit verbreitet. Noch um 1850 waren die Hälfte der Österreicher beispielsweise Analphabeten. Schon wenige Jahre später sank dieser Anteil jedoch erheblich. Die Verhältnisse in Deutschland und in der Schweiz waren etwas besser. Beachtet man jedoch, dass heute schätzungsweise auch in Deutschland noch 5 Millionen Analphabeten leben, sehen sich diese täglich einer hohen Herausforderung gegenüber. Nach der schrittweisen Einführung der Selbstbedienung, mussten die aktiven Kunden ihre Rolle erst erlernen. Der Betriebstyp des Supermarktes kam aus dem Ursprungsland der Selbstbedienung. Bereits im Jahre 1916 gab es in Tennessee ein Unternehmen Namens Piggly Wiggly, welches über 400 Filialen besaß. In Europa begann die Selbstbedienung jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg und dem eindeutigen Einfluss der USA. Die Selbstbedienungketten expandierten rasch. Heute sind Aldi, Lidl und Co. nicht mehr aus dem deutschen Lebensmittelhandel wegzudenken. Die Kunden hatten hier einen attraktiven Kostenvorteil und die Besitzer der Ketten machten aufgrund der Einsparungen satte Gewinne. Die anfängliche Skepsis in den 50er Jahren hatte sich jedoch schnell gelegt. Auch die Schweizerische Skepsis des Geschäfts ohne Seele war nach einigen Jahren verflogen. Die Umsatzsteigerung in den Selbstbedienungsläden lag bei einem Plus von 30% und erfolgte zu Lasten der Lebensmitteleinzelhändler mit Bedienung. Derzeit haben die Selbstbedienungsläden einen Marktanteil von 95% und haben damit die klassischen Bedienungsläden verdrängt. Dabei wurde das Konzept auch für andere Handelswege attraktiv. Der schwedische Möbelhersteller IKEA ist hierbei ein gutes Beispiel. Seit 1971 verfolgt IKEA das Konzept der Selbstbedienung konsequent. Die IKEA Kundenphilosophie besagt in diesem Zusammenhang, dass es leicht sei, schöne, aber teure Möbel zu entwerfen. Schwieriger sei es hingegen, schöne und qualitativ hochwertige Möbel, die nicht viel kosten, herzustellen. Dabei müssten andere Lösungen gefunden und an Ideen nicht gespart werden. Die Ideen kommen meist von Partnern, die mit den Hauseigenen Designern zusammen arbeiten. Dabei werden Möglichkeiten aus existierenden Produktreihen genutzt, um sie dann in größeren Stückzahlen zu beziehen. Bezüglich der niedrigen Preise habe der Kunde seinen Teil mit beizusteuern. Er zahle deshalb nichts, was er selber machen könne. So haben viele Branchen die Selbstbedienung übernommen, jedoch gibt es einige, die eine kompetente Beratung benötigen, wenn man beispielsweise an den Autokauf denkt. Auch der Bekleidungs- und Elektrohandel erfordert diese Art der Bedienung.
Schaut man auf die Selbstbedienung in der Gastronomie, so denkt man gleich an die Restaurants an den Autoraststätten. Da die Gastronomie im Allgemeinen eine der personalintensivsten ist, wird auf diesem Wege versucht, durch die Mitwirkung der Kunden erhebliche Kostensenkungen herbeizuführen. Dabei wird auf das übliche Bedienpersonal verzichtet. Auch die Mensa in den Universitäten funktioniert nach diesem Prinzip. Es ist jedoch anzumerken, dass eine hohe Personenanzahl nicht mehr auf dem herkömmlichen Wege bedient werden kann, da sonst die Personalkosten die oft niedrigen Mensapreise übersteigen. Das Buffet ist eine weitere Art der Selbstbedienung. Hier wählt der Kunde aus dem Speisen- und Getränkeangebot nach eigenem Geschmack aus. Sie entlasten einerseits Küchen- und Bedienungspersonal, andererseits ermöglichen sie eine große Sortimentsbreite, da die Speisen in einer Art Baukastenprinzip angeboten werden.
Selbst die Banken haben die Selbstbedienung für sich entdeckt. Mit dem Fortschreiten der Informationstechnologie ebneten sie den Weg in eine weitgehende Automatisierung bezüglich der Routineprozesse des Bankgeschäfts. Hierbei wurden nicht nur standardisierte Abläufe in der Bank automatisiert, sondern auch Berater an den Schaltern. Die Banken setzen seit den 70er Jahren verstärkt auf die Selbstbedienung. Dadurch, dass die meisten Kunden zwar eine große Zahl an Transaktionen durchführen, jedoch wegen der oftmals geringen Volumina einen negativen Deckungsbeitrag erwirtschaften, ist diese Art der Kundenintegration oftmals unvermeidbar. Hier handelt es sich um eingesparte Personalkosten durch die Mitarbeit der Kunden, wie beispielsweise an den Geldautomaten oder den Kontoauszugsdruckern. Die gestiegenen Transaktionen sind aber auch auf das Verhalten der Kunden zurück zu führen. Wurde früher das gesamt verdiente Geld zwecks Lebensunterhalt abgehoben, sind es heute Klein- und Kleinstbeträge, die die Bank ausgibt. Der Kunde deckt damit nicht mehr seinen Monats- sondern seinen Tagesbedarf an Geld. Durch dieses Einbeziehen des Kunden erweitert sich das Spektrum zwischen Banken und Kunden. Dies findet seinen derzeitigen Höhepunkt im Online-Banking. Hier wurden die üblichen Transaktionsverkehrszahlungen um Fonds-Anleihe-Tools und Trading-Geschäfte erweitert.
Das Automatengeschäft des Einzelhandels begann bereits mit der Einreichung eines Patents im Jahre 1883. Hier begann die Verbreitung von Süßwaren, Zigaretten und Getränken. Heute haben sich die Automaten auch im Verkehrsbereich bei Fahrkarten und Parkscheinen durchgesetzt.
Schaut man auf das Internet, so kommen einem die vielen Support Communities und Mitarbeiterportale in den Sinn. Viele Hersteller nutzen das Internet für solche Service Sites und bieten damit den Kunden an, sich selbst zu helfen. Ist keine Hilfe vorhanden, weil kein anderer Kunde eine Lösung weiß, können Administratoren ihrerseits einen Lösungsvorschlag anbieten. Diese Art des Supports ist heute vor allem im Softwarebereich üblich. Diese Entwicklungen spiegeln sich auch im E-Gouvernement wieder. Beispiele aus Mexiko und den USA als auch das von der EU geförderte Rinder-Net zur Verwaltung des österreichischen Rinderbestandes, lassen ein beachtliches Anwenderpotential erkennen.
Im Handel wurde die Co-Produktion durch standardisierte Produkte geprägt. In einer Zeit der Selbstbestimmung und Individualisierung haben sich Portale, bei denen jeder selbst seinen Computer, sein Notebook oder sein Fahrrad bzw. City Cruizer zusammenstellen kann, etabliert. Dabei werden die Produkte erst nach dem Design durch den Kunden fertig gestellt. Die Werkzeuge hierfür sind Konfiguratoren, Testprodukte und Toolkits, die dem Kunden das Designen der individualisierten Produkte erleichtern.
Auch die Firma Microsoft hat durch den Einsatz der Beta-Versionen erhebliche Einsparungen vornehmen können. Die gemachten Erfahrungen und das Interesse der Testkunden für neue Versionen helfen dem Unternehmen, Fehlerquellen frühzeitig aufzudecken. Durch diese Art der User-Integration lässt sich die Co-Produktion deutlich reduzieren.
Toolkits können beispielsweise helfen, das Produktdesign zu verbessern. User bekommen hier bestimmte Werkzeuge an die Hand, mit denen sie Produktvarianten entwerfen können. Der Produzent kann somit den Wissensvorsprung nutzen, um gezieltere Produkte herzustellen.
Schaut man auf die zahlreichen User-Communities, so stellt man fest, dass die Bildung von Selbsthilfegruppen dadurch angeregt wurde, dass von bestimmten Institutionen keine Lösungen oder kein Support zu erwarten war. Im Bereich der Software entstand aus diesem Grund die Open-Source Bewegung, die ganze Office Suiten, Mailer, Content-Management- oder Warenwirtschaftssysteme entwickelt, um die in ihrer Ansicht unzureichenden Lösungen zu verbessern. Dabei werden oftmals die Programme unter der Lizenz verbreitet, sämtliche Quellcodes offen zu legen. Jeder kann hier mitprogrammieren, supporten oder einfach nur konsumieren. Open-Source ist daher das beste Beispiel, bei dem interessierte Benutzer einen schnellen Rollenwechsel vom Konsumenten zum Prosumer vollziehen können. Dabei verbinden User Communities das Interesse des Einzelnen in der Nutzung und Weiterentwicklung von Produkten mit dem Gruppeninteresse. Die Hierarchien sind, wenn sie überhaupt existieren, sehr flach. Im Vergleich zu Unternehmen, wäre es nur schwer möglich, so viele Interessenten zu organisieren und sie auf eine Vielzahl von Bereichen zu verteilen. Die User-Communities sind dabei Kompetenznetzwerke, die eine flexible Kooperation zwischen den Teilnehmern erlauben und sie fördern. Durch User-Communities wird ein hoher Grad an Kooperationsbereitschaft und Eigeninitiative gefördert. Unternehmen haben längst die Bedeutung dieser Communities erkannt und unterstützen sie in ihren Aktivitäten durch Produkte und Informationen.
6 Treiber und Bremser der Co-Produktion
Die Co-Produktion steht im Wettbewerb zu anderen Kooperationsformen. Im Lebensmitteleinzelhandel hat sich die Co-Produktion zur dominanten Betriebsform entwickelt. In anderen Bereichen ist sie eher ein Ausnahmefall. Aus diesem Anlass stellt sich die Frage, was eine Co-Produktion fördert oder bremst. Die Co-Produktion wird im Wesentlichen durch drei Bereiche getrieben. Diese Bereiche sollen im Folgenden vorgestellt werden.
Die Technologie ist beispielsweise im Bereich der Geräteautomation ein starker Treiber. Neben den technologischen Entwicklungen im Bereich der Hard- und Software gilt es auch, neue Verfahrenstechnologien zu betrachten. Bei der Einführung eines Selbstbedienungsladens in den Anfängen des letzten Jahrhunderts genügte die Technologie eines Drehkreuzes, um Fortschritte im Hinblick auf die Kundenbedienung zu erzielen. Heute werden Kommunikations- und Automatisierungstechnologien, die letztendlich den Durchbruch schafften und zum Treiber der Co-Produktion wurden, eingesetzt. Durch den technologischen Fortschritt ergibt sich für Produzent und Konsument im besten Fall eine Steigerung der Interaktivität und Individualisierung sowie eine Erhöhung der Reichweite und Optimierung des Gehalts an Informationen.
Unter Verfügbarkeit kann eine personelle, zeitliche oder örtliche Dimension verstanden werden. Hierbei werden die Kontaktmöglichkeiten zwischen den Kunden und Produzenten erweitert. Durch Web 2.0-Technologien beispielsweise können die Partner unabhängig von Raum und Zeit miteinander kommunizieren. So werden Kundenanfragen aus den USA in Indien beantwortet. Automaten und elektronische Schnittstellen ermöglichen die Kundeninteraktion und sind damit unabhängig von den Ladenöffnungs- und Betriebszeiten. Die Technologie steigert somit die Verfügbarkeit des Produzenten und ist auch in personeller Hinsicht bezüglich des Einsparungspotentials ein Vorteil. Der Kunde kann Probleme selbstständig und ohne Einschaltung von Mitarbeitern lösen und wird damit von der Verfügbarkeit der Produzenten unabhängig.
Die Interaktivität als Technologiefaktor ist ein weiterer Aspekt, unter welchem Co-Produktion stattfinden kann. Die Zunahme der Reaktionsmöglichkeit der Kommunikationspartner ist in der heutigen Unterhaltung sehr wichtig. Massenmedien wie Fernsehen, Radio und Zeitungen erlauben nur eine einseitige Kommunikation im Sender-Empfänger-Prinzip. Dabei kann der Empfänger lediglich zeitverzögert per Brief, Telefon oder Fax antworten. Die neuen Informationstechnologien erlauben die Interaktivität der Partner untereinander. Das Konzept der Mass Customization nach Piller beinhaltet eine weitreichende Individualisierung der Massengüter durch die Wahlmöglichkeiten für den Kunden. Die Verbesserung in Bezug auf das Baukastenprinzip schafft Voraussetzungen dafür, dass der Kunde individualisiert Produkte erstellen kann. Diese Individualisierung bewirkt nicht unbedingt eine Steigerung der Komplexität beim Produzenten.
Durch die Informations- und Kommunikationstechnologie wird der Zugang zu den Informationen und Leistungen vereinfacht und die Reichweite selbiger erweitert. Vor dem Aufkommen der Web 2.0 Technologien wurden entweder wenige Personen mit vielen oder viele Personen mit wenigen Informationen versorgt. Heute können die Adressaten bedarfsgerecht mit individuellen Informationen versorgt werden, auch sind die elektronischen Visitenkarten der Websites bereits überholt. Jemand der etwas auf sich hält, veröffentlicht einen Blog oder ein Wiki, um in Interaktion mit seinen Besuchern zu treten. Die Zahl an Informationen werden dann empfängergerecht angezapft und aufgearbeitet. Dabei kann der Kunde auch Leistungen, am Beispiel eines Wikis oder Blogs durch eigene Beiträge oder Kommentare erbringen oder empfangen. Im Falle von Support Websites gibt es spezifische Communities, die durch zugeschnittene Kommunikationsmöglichkeiten unterstützt werden. Durch diese Art der Kommunikation wird ein großer Ressourcenengpass aufgehoben. Die Ressource Personal ist insbesondere bei Dienstleistungen ein enormer Faktor und macht schon mal einen Aufwand von 60% der Gesamtaufwendungen aus. Dabei entlasten Konzepte wie das Online-Banking, die Mitarbeiter in den Banken. Jedoch ist zu beachten, dass auch die automatisierten Techniken einem enormen Wartungsaufwand unterliegen, da sie 24 Stunden verfügbar gehalten werden müssen. Trotzdem ist der Technologieeinsatz bei den Produzenten und damit die Kooperations- und Kompetenzeinbringung der Konsumenten ein erheblicher Rationalisierungsgewinn. Durch die ständige Verfügbarkeit und die vermiedene doppelte Datenerfassung werden Warte- und Liefer- als auch Ausführungszeiten vermindert. Der Kunde profitiert dahingehend, dass er durch seine Mitwirkung ein individuelles und preisgünstigeres Produkt erhält.
Schaut man auf die Transaktionskosten, so wird klar, dass als Faktor für Austauschprozesse, auch Informationssuche und After-Sales-Aktivitäten stehen kann. In Bereichen, in denen der Anteil der Vertriebs- und Verwaltungskosten die Herstellungskosten des Produktes übersteigt, müssen Rationalisierungsmaßnahmen eingeleitet werden, um Gewinne erwirtschaften zu können. Die hohen Transaktionskosten veranlassen die Unternehmen, eigene Aktivitäten auszulagern und Leistungen zuzukaufen. Die Informations- und Kommunikationstechnologie führt dazu, dass die zeitliche, örtliche und auch persönliche Distanz zwischen den Unternehmen und dem Kunden überwunden wird. Die Mitwirkung des Kunden lässt sich folglich einfacher gestalten. Das bedeutet, dass die Transaktionskosten gesenkt werden können. Beachtet man den jeweiligen Kundenwert, also die Kundenbeziehungen, die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung ist dies eine notwendige Bedingung für den unternehmerischen Erfolg. In die Berechnung des Kundenwertes fließt neben dem Marktpotential auch das Ressourcenpotential ein. Eine entsprechende ABC-Analyse kann hier die Kunden unterteilen. Die Beschreibung der Vorgehensweise selbiger soll jedoch an anderer Stelle erfolgen.
Als Nachfrager ist der Kunde über den Empfang der Leistungen definiert. Die Aufgabe des Anbieters ist die im Vergleich zur Konkurrenz bestmögliche Erfüllung der Kundenbedürfnisse. Dabei steht die Kundenzufriedenheit an erster Stelle. Die Leistungserstellung erfolgt in einem Prozess, der durch Interaktivität gekennzeichnet ist. Dabei entstehen unterschiedliche Aktivitätsgrade zwischen Anbieter und Nachfrager. Der Kunde erfüllt als Prosumer eine Doppelfunktion als Produzent und Konsument. Schaut man auf den Ertrags- und Kostenfaktor, so verbraucht der Anbieter Ressourcen bei der Leistungserstellung und erzielt damit Erlöse über den Verkauf. Der Kunde verursacht Kosten in Bezug auf die Transaktionen und die Beziehungen zum Unternehmen. Der eigentliche ökonomische Erfolg hängt mit der korrekten Kombination von Kunden, Leistungspotential und der Leistungserstellung zusammen. Im Führungsersatz übernimmt der Kunde Steuerungs- und Kontrollaufgaben für den Produktionsprozess. Dabei verändert die Mitwirkung das Verhalten der Mitarbeiter im Unternehmen. In Bezug auf die Qualitätssicherung muss erwähnt werden, dass der Kunde die Leistungsqualität überprüft und die Mitwirkung im Produktionsprozess beeinflusst. Dabei regt er Innovationen an und übernimmt die Federführung in der Produktentwicklung.
6.1 Treiber der Co-Produktion
Hier sei zum einen die Kundenorientierung genannt. Sie beinhaltet, dass die Unternehmensaktivitäten sich an der Erfüllung der Kundenbedürfnisse orientieren. Die Leistungserstellung soll den Kunden zufrieden stellen und ihn durch das perfekte Produktmatch ans Unternehmen binden. Die Kundenbindung fördert die Co-Produktion da es sich hierbei um kundenorientierte Maßnahmen handelt, die ihn zur vermehrten Teilnahme und Mitwirkung an den Leistungserstellungsprozessen anregen. Letztendlich wird die Prozessevidenz des Kunden gesteigert. Schaut man auf das Customization so muss zunächst festgehalten werden, dass es sich hierbei um eine maßgeschneiderte Weiterentwicklung der Kundenorientierung handelt. Die Kundenorientierung ist in Verbindung mit der Standardisierung und der Modularisierung ein Garant für Mass Customization. Der Kunde kann sein Produkt also beliebig zusammenstellen. Betrachtet man den Kunden als Ressource, so ist dieser für das Unternehmen nicht nur ein Leistungsempfänger, sondern auch ein Ressourcenträger. Er verfügt über Produktwissen, hat vielfach mehr Kompetenz als das Unternehmen und ist oftmals gerne bereit, als Entwickler sein Know-How zur Verfügung zu stellen. Je wichtiger das Kundenwissen für das Unternehmen ist, desto wichtiger ist es auch, dass geeignete Tools, die die zukünftige Produktqualität sicherstellen, zur Verfügung gestellt werden. Letztendlich ist es aber immer noch der aktive Kunde, der den Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft forciert. Der Dienstleistungssektor umfasst in entwickelten Volkswirtschaften 60% des BIP. Ein markantes Merkmal ist die zwingende Mitwirkung des Kunden am Dienstleistungsprozess, da die Leistungen in der Regel ohne Einwirken dessen nicht durchgeführt werden können.
Zieht man ein kurzes Fazit, so stellt man fest, dass lange Zeit die Kunden lediglich passive Funktionen als Abnehmer und als Ertragsfaktor inne hatten. Heute ist der Kunde mehr als das. Er wird mindestens zur passiven Auskunftsperson, der durch Beobachtungen auf sein Verhalten oder sein Konsumverhalten Aufschlüsse über zukünftige Trends gibt. Da der Kunde heute zunehmend als Leistungserbringer entdeckt wird, ist seine Bedeutung im Hinblick auf seinen Umsatz als auch auf seine Einbringung als Prosumer von enormer Wichtigkeit. Die gerade jungen und willigen Kunden haben oft ein Selbstverständnis von Co-Produktion. Sie geben sich oftmals gar nicht mit der passiven Rolle des traditionellen Käufers zufrieden. Sie wollen entscheiden, mitwirken, designen und testen. Dabei kann im Rahmen der angesprochenen Communities die Hilfe der Kunden untereinander sogar die Qualität des unternehmenseigenen Supports übertreffen. Ein Beispiel hierfür sind die zahlreichen Computerforen, die durch User selbst erstellt wurden, da sie von Unternehmensseite nicht den schnellen Support erhielten, wie eigentlich zu erwarten wäre. Dabei können User Communities den Support oder die Hotline entlasten oder gar ersetzen. Wichtig ist nur, dass das Unternehmen diese Art von Selbstorganisation fördert, sei es durch finanzielle Mittel oder lediglich Produktinfos oder Downloadhinweise.
Unternehmen können durch die Community Kosten einsparen, wichtig ist nur, dass sie diese auch unterstützen und nicht durch mangelnde Beachtung dieser den Eindruck erwecken, den Kunden nach dem Kauf ohne Support dastehen zu lassen.
6.2 Bremser der Co-Produktion
Es gibt nicht nur Treiber der Co-Produktion, sondern auch Faktoren, die den Produktionsprozess behindern oder bremsen. So können selbst aus Teibern Bremser werden wenn die eingesetzte Technologie nicht verfügbar, störungsanfällig, nicht bedienungsfreundlich oder veraltet ist. Auch kann es vorkommen, dass die einst kritischen Transaktionskosten nicht mehr als relevant angesehen werden, weil sich beispielsweise die Präferenzen der Kunden geändert haben. In diesem Fall wird sich die Co-Produktion nur verzögert entwickeln. Ein weiterer Aspekt sind die fehlenden Voraussetzungen im Umfeld. So ist der rechtliche Rahmen oftmals ein bremsender Faktor, da er beispielsweise ungeklärte Voraussetzungen im Umfeld noch nicht abdeckt. So sind im Rahmen der Internetgeschäfte die Regelungen über das Widerrufsgesetz nicht eindeutig festgelegt. Konkret können als Bremser Faktoren gekennzeichnet sein, die die Eignung der Produkte für Co-Produktion, deren Anreizgestaltung und Einführungsbarrieren beinhalten. Schaut man auf die Eignung der Produkte für die Co-Produktion, so stellt man fest, dass diese einige Funktionen, die bei der Entscheidung für die Dienstleistung zu beachten sind, haben müssen. Die Funktionen sind mehrheitlich in der Sphäre des Kunden anzusiedeln, können aber durch manipulative Maßnahmen vom Kunden beeinflusst werden. Durch Gestaltung der Toolkits beispielsweise kann der Produzent die User in eine bestimmte Richtung lenken. Abbildung 5 zeigt die Determinanten der Co-Produktion und ihrer Eignung.
Zu guter letzt soll durch die Co-Produktion ein Sinn vermittelt werden. Es nützt nichts, wenn der Kunde keine Bedeutung in dem sieht, was er eigentlich macht. Es kommt also zu einer doppelten Nutzenabwägung von Produzent und Konsument. Beide sehen sich in einem Ungleichgewicht, welches es zu beseitigen gilt. Abbildung 6 zeigt die Anreizkonstellation bei der Co-Produktion in Anlehnung an die Spieltheorie durch Nalebuff.
In der ersten Konstellation verlieren beide Seiten in der Co-Produktion, da der Kunde auf andere Produkte ausweicht und dem Anbieter als Produzent oder Informationsbeschaffer nicht mehr zur Verfügung steht. Der Anbieter erleidet folglich Ertragseinbußen. Die zweite Konstellation geht zu Lasten des Prosumers. Die Unternehmen führen in diesem Fall die Co-Produktion ein, um Kosten zu sparen. Dabei werden Rationalisierungsgewinne, die jedoch nicht an die Kunden weiter gegeben werden, realisiert. Konstellation drei beinhaltet Co-Produktionsvorteile der Prosumer, die allerdings zu Lasten der Produzenten gehen. Diese Art der Co-Produktion stellt somit das Gegenteil des zweiten Zustandes dar. Der Idealfall ist durch eine Win/Win Situation gekennzeichnet. Hier profitieren beide Seiten von der Stabilisierung der Beziehungen zwischen dem Produzenten und dem Prosumer. Ein weiterer positiver Effekt ist die rasche Ausbreitung der Co-Produktion durch die gegenseitige positive Rückkopplung. Hier kann auf das anfänglich dargestellte Beispiel der Selbstbedienung in den Lebensmitteldiscountern hingewiesen werden.
Der letzte und eigentlich bedeutsamste Bremser für Co-Produktionen liegt in den oftmals vorhandenen Einführungsbarrieren. Hier kann eine mangelnde Bereitschaft der Prosumer, Aufgaben aufgrund zu hoher Aufwendungen, die Anreizgestaltung zur Mitarbeit lähmen. In dessen Folge wird das Verhältnis zwischen Mitarbeitern des Produzenten und den Kunden gestört. Der Zeitpunkt der Einführung einer Co-Produktion ist eine kritische Größe, da er vom Produzenten nicht zu früh und nicht zu spät gewählt werden darf. Hier ist zu beachten, dass auch sehr hohe Investitionen in der Infrastruktur zu tätigen sind. Zwar gibt es hier oftmals ein Marktabschöpfungspotential der Pioniere, jedoch kann eine zu frühe Einführung auch ein Risiko der Imitationsstrategien konkurrierender Unternehmen mit sich bringen. Die Anreize, die sich aus der Co-Produktion für den Kunden ergeben, sind wichtig. Schließlich soll dieser einen Nutzen aus seiner Mitarbeit ziehen. Dieser Nutzen ist dadurch gekennzeichnet, dass er durch Anerkennung befriedigt wird. Oftmals müssen auch Anreize in Form von Preisnachlässen, geringerem Risiko bei eventuellen Fehlleistungen oder besserer Service dazu führen, dass Prosumer bevorzugt werden. Diese müssen ihre Rolle als Mitarbeiter auch erst einmal erlernen. So ist die Bereitschaft von Freizeitgraden für die Co-Produktion ein Anreiz, jedoch auf der anderen Seite eine höhere Verantwortung. Es ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der Kunde nicht als Eindringling und Störenfried von den internen Mitarbeitern gesehen wird. Die Co-Produktion erfordert eine Verhaltensänderung des Kunden. Am Beispiel der Verhaltensweisen sieht man, wie sich diese Verhaltensänderungen auf den Kunden auswirken können. Bei der Einführung von Prosuming muss sich also nicht nur das Unternehmen verändern, sondern es muss, zumindest in der Anfangsphase, den Kunden anleiten und ihn eventuell sogar schulen. Unternehmen wie eBay sind hier in einer Vorreiterstellung, indem sie mit der eBay Academy und der eBay University den Kunden den Umgang mit ihrem Portal näher bringen.
7 Fazit
Damit der Kunde in den Leistungserstellungsprozess eingebunden werden kann, bedarf es grundlegender Veränderungen im Unternehmen. Die Co-Produktion sollte nicht schlagartig im Unternehmen eingeführt werden, da die Lernprozesse des Kunden zunächst in Gang gebracht werden müssen. Der Prosumer muss für dieRolle als Mitwirkender zunächst sensibilisiert werden. Ist dies geschehen, kann der Kunde als Co-Produzent erfolgreich mit eingebunden werden. Die Betonung liegt beim Kunden, da bisher die Aufgaben im Zuge des Outsourcings auf den Lieferanten übertragen wurden. Dabei verzichtet der Kunde auf ein fertiges Produkt und der Prosumer auf den Anspruch, die Probleme des Kunden alleine zu lösen. Dieser wird mit Tools ausgestattet, damit er einen Teil der Lösung selbst erarbeiten kann. Beide Seiten profitieren von dieser Art der Kooperation. Zum einen kann der Produzent das Know-How der Kunden nutzen, um gezieltere Produkte anbieten zu können, die Kunden bekommen auf der anderen Seite ein Produkt, welches ihren Vorstellungen besser entspricht. Somit verstärkt sich der Einfluss des Kunden auf den Produzenten. Auch werden die Beziehungen zwischen beiden Interessenten intensiver. Ein Abwandern oder Abwerben anderer Produzenten durch Subsitiutionsprodukte wird erschwert. User Communities schaffen die besten Voraussetzungen für ein Networking der Kunden untereinander, wie auch für den Weg vom Kunden hin zum Produzenten. Erstere können nun direkt mit Letzteren in Kontakt treten und ihre Meinung oder Verbesserungsvorschläge äußern.
Schaut man auf die Möglichkeiten, die die Co-Produktion mit sich bringen kann, so wird deutlich, dass die Potentiale der Co-Produktion bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Immer wieder wird Co-Produktion praktiziert, ohne dass sich das Unternehmen dessen bewusst ist. Damit Co-Produktion funktionieren kann, bedarf es einiger Voraussetzungen. Zunächst muss der Markt entwickelt und somit das Kundenverhalten sensibilisiert werden. Viele Co-Produktionssysteme scheinen ausgereizt zu sein, bieten jedoch ein enormes Entwicklungspotential. Der Trend zum immer aktiveren Kunden scheint nicht mehr aufhaltbar. Mit einem stetig differenzierteren Markt sind die Produzenten gefragt, stets neue Wege zu gehen.
Mit Blick auf die Grenzen der Co-Produktion wird deutlich, dass das Konzept dann nicht mehr funktionieren kann, wenn es einer zu starken Nutzung ausgesetzt ist. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, über die Grenzen der Co-Produktion zu diskutieren. Hier sollte neben dem Produkt auch auf die Kompetenzen des Produzenten und des Prosumers geachtet werden. Ist der Kunde überhaupt in der Lage, Dinge selbst in die Hand zu nehmen? Die Kompetenzen des Produzenten können den Co-Produktionsprozess einerseits mindern, andererseits jedoch stärken. Ist der Produzent nicht in der Lage, seine Kompetenzen beispielsweise im Rahmen eines Designprozesses an den Kunden zu übertragen oder diese an ihn zu vermitteln, ist ihm von der Co-Produktion abzuraten. Kann der Produzent nämlich keine Unterstützung im Co-Produktionsprozess leisten, fühlt sich der Kunde alleine gelassen und greift frustriert zu einem anderen Produkt. In diesem Zusammenhang gibt es nur eine Lösung, wie sie im Open-Source vielfach praktiziert wird. User können sich hier einbringen und mitgestalten oder die Software einfach nur nutzen. Eine Vielzahl an Varianten ermöglicht es einer Vielzahl von Interessengruppen, am Schaffensprozess teilzuhaben. Dieses Konzept sollten sich auch Unternehmen zu Nutze machen, die unterschiedliche Kunden haben. Für den Fall, dass ein Kunde nicht mitarbeiten will, muss ihm die Möglichkeit zum reinen Konsum, bei dem Unternehmen, wo er das fertige Produkt lediglich kauft und nutzt, gegeben werden, ohne am Schaffensprozess teil zu haben. Im Fall der Geschäftsbanken sieht man, dass dieser Mix gut funktioniert. Kunden können Überweisungsbelege per Hand, an einem Terminal, online oder am Schalter ausfüllen. Je nach Vorliebe werden unterschiedliche Gebühren erhoben. Wer mitarbeitet, bekommt einen Kostenvorteil, wer arbeiten lässt, muss im Gegenzug bezahlen.
In Zeiten, in denen der Kunde als König gesehen wird, und das Relationship-Management Modelle der Kundenbeziehungen entwirft, scheinen Schritte in Richtung des arbeitenden Kunden eher deplaziert. Jedoch sollte gerade Co-Produktion in Bezug auf den relationalen Aspekt der Beziehung zum Kunden in Betracht gezogen werden. Hier muss die Vermarktung der Co-Produktion forciert werden. Es ist wichtig, dass der Kunde sich nicht als Rationalisierungsopfer sieht. Es muss in dieser Hinsicht kommuniziert werden, dass der Kunde seine Vorstellungen mit in den Wertschöpfungsprozess einbringen kann. Wichtig ist hierbei, dass die Konzepte zuvor durchdacht wurden. Wer Co-Produktion lediglich halbherzig betreibt und dem Kunden damit signalisiert, dass er alleine gelassen wird, kann die Vorteile der Co-Produktionsleistung nicht nutzen. Dem Kunden muss verdeutlicht werden, dass er durch sein Mitwirken einen Mehrwert, der sich entweder in Preisnachlässen oder durch einen Mehrwert im Produkt auszeichnet, schafft. Wichtig ist, dass der Prozess durch den Kunden akzeptiert wird und sich die Investition des Einbringens aus seiner Sicht lohnt. Am Beispiel von IKEA sehen wir, dass es dem Unternehmen in durchaus erfolgreicher Weise gelungen ist, diese Inhalte zu kommunizieren und den Kunden zu einer offensiven Co-Produktion zu bewegen.
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